Eine Runde Golf mit Anastasia Mickan

Eigentlich hatte ich Anastasia Mickan nur angeschrieben, um sie zu fragen, ob sie Lust hätte, mir „Ein Dutzend Fragen“ für den Blog zu beantworten. Aber irgendwie haben wir uns dann zum Golf spielen verabredet. Ich sollte mit einer echten Proette Golf spielen – ich war lange nicht mehr so nervös.

„Lass uns doch zusammen Golf spielen“

Ich folge Anastasia auf den verschiedenen sozialen Plattformen schon eine Zeit lang, seit ich einen Artikel über sie in einem Newsportal gesehen hatte. Da ging es um eine junge, aufstrebende Golferin, die Anfang vergangenen Jahres ins Profilager gewechselt ist mit dem Ziel, in absehbarer Zeit LET oder sogar LPGA zu spielen.

Irgendwann kam mir der Gedanke, dass ein Interview mit ihr sicher auch spannend sein könnte und ich habe sie Ende März einfach angeschrieben. Anstatt einer Zu- oder Absage hat mich Anastasia gefragt, ob ich nicht auch Lust auf eine gemeinsame Golfrunde hätte.

Ehrlich gesagt habe ich gar nicht damit gerechnet, dass Ihr Zeitplan so eine „Spaßrunde“ zulässt, aber in der Woche nach Ostern hatte sie tatsächlich „frei“ und so haben wir uns verabredet. Als Treffpunkt hat sie den Golfclub Syke in der Nähe von Bremen vorgeschlagen – das war lange ihr Heimatplatz als Amateurin und sie spielt ihn immer noch sehr gerne.

Auf nach Syke zum privaten Pro-Am

Selfie mit Anastasia Mickan

Also habe ich mir einen Tag freigenommen (danke an den Chef und die Kollegen) und bin eines morgens anstatt ins Büro in Richtung Syke aufgebrochen. Für mich liegt der Platz gute zwei Stunden Autofahrt weg, aber wir waren für zehn Uhr verabredet und die Straßen waren einigermaßen frei.

Anastasia kam ins Sekretariat, als ich mich gerade anmelden wollte. Ich hatte uns ein paar Tage vorher per Mail angemeldet und die Bagtags waren schon vorbereitet. Vielen Dank an dieser Stelle an den Golfclub Syke, der mich anlässlich des Treffens zum Greenfee eingeladen hat.

Auf der Driving Range habe ich mich angestrengt, ruhig und kontrolliert zu schwingen, um nicht gleich ein Socket nach dem anderen zu hauen. Parallel habe ich immer wieder zu Anastasia rüber gelinst, die routiniert ihre Schläge absolviert und jeden Ball sauber in die unendlichen Weiten der Range geschossen hat.

Nach zwei verzogenen und einem abschließenden ordentlichen Ball von mir mit meinem Driver habe ich beschlossen, besser wird’s nicht mehr und wir haben uns aufgemacht zum ersten Tee. Die drei Damen, die eigentlich gerade starten wollten, waren so nett uns vorzulassen und los ging es – beide von gelb, versteht sich.

Slice me nice

Am ersten Tee hat man immer etwas Lampenfieber, das geht auch Anastasia heute noch so, wie sie sagt. Ihrem Abschlag hat man das aber nicht angesehen, der flog nämlich sehr schön genau dahin, wo er hin sollte. Ich für meinen Teil war sogar nervös hoch drei:

  1. Es ist Tee1, da ist wie gesagt jeder nervös.
  2. Abschlagen vor Zuschauern (die drei netten Damen) ist auch so eine Sache. 
  3. Das alles in Begleitung einer Tour-Proette…
Perfekt ausbalanciert

Folgerichtig habe ich meinen ersten Abschlag (mit dem „sicheren“ 5er Holz) nach rechts in einen kleinen Teich verzogen. Auch beim nächsten Loch, einem kurzen Par 3, habe ich den Abschlag (mit einem 6er Eisen) nach rechts weggedrückt.

Also habe ich am dritten Abschlag gedacht, dass der Dicke seine Chance verdient hat, und mutig den Driver gezückt. Ratet doch mal…

Ich nehme an, irgendwo in Deutschland gibt es einen Balltaucher, der zu meinen größten Fans gehört.

Lustigerweise habe ich alle drei Bahnen im Anschluss an die jeweils misslungenen Abschläge eigentlich ganz ordentlich zu Ende gespielt, auf dem Par 3 sogar das Par nur knapp verpasst.

Anastasia hat sich das angeschaut und vermutlich ihren Teil gedacht. Aber sie hat sich nichts anmerken lassen und gute Schläge, die ich natürlich auch hatte, freundlich gelobt (das tat gut).

Übrigens wurden meine Abschläge nach den ersten drei Bahnen besser – zumindest weitestgehend. Anastasia hatte mich nach ein paar Löchern gefragt, ob es für mich ok wäre, wenn Sie etwas zu meinen Schlägen und meinem Spiel sagt (aber klar doch, gerne) und mir einen tatsächlich guten und effektiven Hinweis gegeben. Ab da lief es insgesamt ganz ok.

Aus den USA zurück nach Deutschland

Die Grüns sind anders als in Übersee

So haben wir nebeneinander her gespielt und uns unterhalten. Sie hat ein bisschen vom Trainingslager in den USA erzählt und was sie dort gemacht hat. Ein paar Turniere hat sie auch gespielt (und unter anderem einen zweiten Platz geschossen), aber hauptsächlich ging es um die Saisonvorbereitung.

Anastasia war bis Mitte April gut sechs Wochen lang in den USA und erst eine Woche vor unserer Runde wieder zurück gekommen. Deshalb hatte sie auch ein paar Tage frei nach Ostern, weil sie eben vorher intensiv gearbeitet hatte.

Insgesamt sind die Trainingsmöglichkeiten und Spielbedingungen in den USA schlicht und einfach deutlich besser als bei uns – das gilt unter anderem auch für die Grüns, die wie auf der Tour üblich deutlich schneller sind als unsere hier in Deutschland.

Das hat man auf unserer Runde übrigens ganz gut gemerkt, da Anastasia zunächst mit den Grüns etwas zu kämpfen hatte. Gerade zu Anfang hat sie einige Putts im Tempo falsch dosiert und deutlich zu kurz gelassen (ich komischerweise ganz gegen meine Gewohnheit nicht).

Wie weit gut und sehr gut auseinander liegen können

Während ich in aller Regel erst meinen dritten Ball auf den Par 4 in Richtung Grün geschlagen habe, war es natürlich bei Anastasia immer schon der zweite. Und auch wenn wir eine gemütliche Spaßrunde gespielt haben, so hat man gemerkt, dass Anastasia einen hohen Anspruch an sich und ihr Spiel hat.

Es gab mehrfach die Situation, dass sie das Grün aus größerer Entfernung wirklich nur knapp verfehlt hat (also um ein-zwei Meter, teilweise puttbar auf dem Vorgrün). Während ich gedacht habe „schöner Schlag, den würde ich nehmen“ hat sie die Schläge nicht ganz so gut gefunden.

Beim Kurzspiel war es noch mehr zu spüren, dass im Grunde jeder Schlag unter 100 Metern so nah wie möglich an der Fahne landen soll. In den meisten Fällen war das auch so, von solchen Pitches träumt unsereins. Und wenn sie den Ball dann einmal chippen musste, dann ging es eigentlich meistens nur darum, ob er nicht vielleicht gleich ins Loch fällt.

Natürlich zielt Anastasia aber auch aus deutlich größerer Entfernung fast immer auf die Fahne, um sich eine Birdie-Chance zu erarbeiten (davon hatte sie übrigens auch ein paar – ich habe ehrlich gesagt gar nicht mitgezählt, wie viele es waren). Sie sagte mir, dass das ihr Spielstil ist: wenn es geht, dann auf Angriff. Defensiv spielen kann sie auch, aber es macht einfach mehr Spaß, direkt auf die Fahne zu gehen.

What’s in the Proette-Bag?

Ich habe während unserer Runde natürlich auch auf Anastasias Bag geschielt, um mal zu schauen, mit welchen Schlägern sie so unterwegs ist. Zusammengestellt ist das Set in enger Abstimmung mit Ihrem Trainer Fritz Greimann und Fitting-Guru Martin Stecher, der schon seit einigen Jahren zu ihren engsten Unterstützern gehört.

Anastasia Mickans Tourbag

Eisen spielt Anastasia schon eine Zeit lang PXG 0311 P, die von drei Callaway Mack Daddy Wedges ergänzt werden (50, 54 und 58 Grad). Ihre Hölzer sind von Ping, G400-Serie, und zwar Holz 3, 7 und 9.

Als Driver spielt sie den Callaway Rogue. Den Putter hat sie kürzlich gewechselt, der neue ist ein Taylormade Rossa (den kannte ich bis dahin noch gar nicht).

Anastasias Bag wird bei Turnieren von Ihrem Coach getragen, der dann zum Caddy wird. Ich hatte ihr erzählt, dass ich in einem Bericht eine Aussage von ihm gelesen hatte, dass er nur im Training die Richtung vorgibt.

Im Turnier habe Anastasia allein das Sagen, weil sie ja schließlich am Ende auch den Schlag ausführen muss. Anastasia hat mich angegrinst, kurz überlegt und dann gesagt „wir entscheiden jeden Schlag gemeinsam“.

Das Bag selbst gefällt mir übrigens richtig gut. Irgendwann hätte ich auch gern so eins, auf dem mein Name oder mein Heidegolfer-Logo aufgestickt ist – falls hier Anbieter mitlesen: Ich bin offen für Angebote… 😉

 

Vom Hobby zum Beruf

Natürlich haben wir uns auch über viele andere Kleinigkeiten unterhalten, die das Profi-Dasein so mit sich bringt. Wenn man das Hobby zum Beruf macht, dann ändert sich einfach vieles. Dinge, die man früher „einfach so gemacht hat“, sind jetzt Teil des „Jobs“.

In Anastasias Fall sind das zum Beispiel die abendlichen Ausflüge ins Fitnessstudio. Die sind als Profi Pflicht – fühlen sich trotzdem nicht immer wie Arbeit an, sagt sie. Aber es gehören eben auch viele andere Dinge und Termine dazu, denn natürlich ist Anastasia auf die Zusammenarbeit mit Sponsoren angewiesen.

Ohne Sponsoren geht es nicht

Der Putt sitzt

Der Einstieg in den Beruf Profigolferin ist ohne die Unterstützung vieler helfender Hände und Sponsoren heutzutage gar nicht mehr möglich. Anastasia spielt aktuell auf der LET Access Series und dort sind die Preisgelder selbst für Top-10-Platzierungen teilweise kaum ausreichend, um die Reisekosten zu decken.

Anastasia hat zwar schon einige Unterstützer, braucht und sucht aber natürlich noch weitere Sponsoren!

Wer sich hier eine Zusammenarbeit vorstellen kann, der sollte Kontakt aufnehmen über golf@anastasia-mickan.de und sich dann vielleicht ihrem Supporterclub „Anastasias 59ers“ anschließen.

Nur mit einem breit aufgestellten und starken Team im Rücken kann sich heutzutage eine junge Spielerin auf das konzentrieren, um was es eigentlich geht: erfolgreich Golf spielen.

Dass sie das kann, habe ich knapp vier Stunden lang demonstriert bekommen. Ihre Runde war lange nicht perfekt, aber für mich schon eindrucksvoll, mit welchem Selbstverständnis und welcher Ruhe eine Profi-Golferin an jeden Schlag herangeht.

Übrigens hat sie mir auf unserer letzten Bahn erzählt, dass sie vor einigen Jahren noch als Amateurin den Platzrekord für die 18 Loch gespielt hat. Diesmal lag sie ein paar Schläge darüber – aber immerhin noch 34 Schläge unter meinem Ergebnis…

Mein persönliches Fazit

Es war mir ein ehrliches Vergnügen. Ich durfte eine Runde Golf spielen mit einer jungen Frau, die auf dem Weg in die erste Golfliga ist und die es auch schaffen wird. Anastasia sagt ganz selbstbewusst: Ihr Ziel ist es, bald auf der LET oder sogar LPGA zu spielen.

Drückt Ihr die Daumen für den weiteren Karriereverlauf – ich werde es auf jeden Fall machen. Und wer weiß, vielleicht darf ich ja irgendwann noch einmal eine Runde Golf spielen mit Anastasia Mickan, LPGA-Proette auf Heimatbesuch in Deutschland; ich würde mich sehr freuen.

Mehr Infos zu Anastasia, Berichte, Bilder und natürlich ihren Turnierplan findet man auf Ihrer Homepage www.anstasia-mickan.de und natürlich kann man ihr auch auf Facebook und Instagram folgen, wo sie regelmäßig postet.

2 Kommentare

  1. …Olaf…wieder ein toller und eindrucksvoller Bericht….ich biete mich immer noch als Caddie an…😁…natürlich for free….einfach dabei sein und das Erlebnis Golf zu erleben. Ich drücke ihr auch weiterhin die Daumen und hoffe, wünsche ihr das sie den Durchbruch schafft.

    1. Danke Dir.
      Ja, ich wünsche ihr auch, dass dieses Jahr so läuft, wie sie es sich vorstellt. Das Potential hat sie allemal, letztes Jahr war es eher der mentale Bereich – also die Umstellung von Amateur zu Profi. Aber Anastasia ist gefestigt und kann das. Dass sie Golf spielen kann, steht außer Zweifel, das war stellenweise schon beeindruckend, auch wenn wir beide zwischendurch eher „gedaddelt“ haben vor lauter Quatschen…

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert