Das Image eines Chippers im Golf ist – vorsichtig ausgedrückt – schwierig. Meist wird er mit älteren Herren und fehlendem Spielvermögen assoziiert. Jetzt aber hat PING diesen Vorurteilen den Kampf angesagt und das Konzept “Chipper” neu gedacht. Das Ergebnis ist der PING ChipR, den ich bereits vor dem Verkaufsstart Ende Juli ausprobieren durfte.
Wider das Klischee: PING ChipR auf schwierigem Terrain
Machen wir uns nichts vor: Im allgemeinen Image-Vergleich rangiert ein Chipper irgendwo zwischen Patrick Reed und Vierputt. Natürlich gibt es einige Amateurspieler, die so einen Schläger im Bag haben und ihn sogar regelmäßig erfolgreich einsetzen. Die meisten Golfer allerdings meiden ihn wie der Teufel das Weihwasser.
Schlägerbauer PING hat mit der Glide-Serie jede Menge Wedge-Optionen im Angebot, die unter anderem für das gebaut sind, was ein Chipper machen soll: das kurze Spiel.
Trotzdem haben die Kalifornier sich jetzt das erste Mal seit rund 40 Jahren auch wieder direkt mit einem Chipper auseinandergesetzt. Der neue PING ChipR hat nicht mehr viel gemein mit dem so wenig angesehenen Schläger, den jeder Vorverurteiler im Sinn hat.
Hier steckt echte Entwicklungsarbeit drin und das Design wurde auch komplett überholt. Anders als die klobigen Modelle, die man so kennt, ist dieser ChipR schmal, elegant und passt sich optisch gut in die aktuelle Eisenserie ein.
Ergebnisoffen und Ego-frei testen
Ich hatte den PING ChipR bereits vor dem offiziellen Verkaufsstart zugeschickt bekommen, um ihn einmal in Ruhe zu testen. Wenn eine Sache so vehement von der Mehrheit abgelehnt wird, werde ich ja zumindest neugierig und möchte mir gerne ein eigenes Bild machen.
Bei der offiziellen Vorstellung des Schlägers am 12. Juli hatte ich einfach einmal spaßeshalber über meinen Instagram-Account in der Story nach Meinungen zum Thema Chipper gefragt:
Die Reaktionen waren überwiegend – wie zu erwarten war – negativ bis stark ablehnend. Aber es gab auch den einen oder anderen, der das Prinzip interessant nannte und ebenfalls neugierig war.
Grundsätzlich chippe ich einigermaßen ok – genauer gesagt ist es inzwischen besser geworden, zufrieden bin ich aber noch nicht. Vor allem fette Treffer (also erst den großen, dann den kleinen Ball) habe ich immer wieder mit im Spiel, was mich regelmäßig unnötige Schläge kostet.
Von daher habe ich versucht, vorurteilsfrei an den Test heranzugehen und dem PING ChipR eine Chance zu geben. Wenn sich ein Unternehmen wie PING damit auseinandersetzt, dann sollte man ehrlich mit sich selbst sein und das Ego hintenan stellen.
Was kann der PING ChipR?
Der Schläger kann wie alle von PING individualisiert auf den Golfer angepasst werden, das Farbcode-System greift auch hier bezüglich Lie-, Loft- und Schaftanpassung. Die Standardspezifika lesen sich recht einfach:
- Loft: 38,5 Grad
- Länge: 35 Inches
- Liewinkel: 70 Grad
- Effektiver Bounce: 8 Grad
Das sagt PING selbst zum Grundprinzip seines ChipR: „Mit der Länge eines Putters und einem Loft, der in etwa einem Eisen 9 entspricht, ist der ChipR für Schläge von 35 Metern und weniger rund um das Grün konzipiert. Mit ihm lassen sich auf einfache Weise Schläge im Bump-and-Run-Stil ausführen, die die Distanzkontrolle und Beständigkeit gewährleisten, die zu kürzeren Putts führt.“
Bump’n’Run leicht gemacht
Einfach ausgedrückt spielt man den Ball aus dem Semirough oder vom Vorgrün mit einer puttähnlichen Bewegung und der ChipR hilft bauartlich dabei, dies erfolgreich zu machen. Die Sohle ist übrigens leicht gewölbt, um auch im Semirough eine konstant gute Performance zu bieten.
Der gewünschte Schlag ist also ein Chip-Putt oder eben ein Bump’n’Run mit einer Bewegung nur aus den Schultern ohne Einsatz der Handgelenke. Der Bewegungsumfang entspricht dabei in etwa dem eines Putts gleicher Länge.
Die Gewichtsverteilung der aus rostfreiem Stahl gegossenen Schlagfläche liegt außen. Damit wird eine möglichst hohe Fehlerverzeihbarkeit erreicht, selbst wenn die Treffer nicht perfekt in der Mitte liegen. Auch dank des insgesamt hohen Kopfgewichtes von 325 Gramm (eher wie bei einem Wedge) geht der Ball satt nach vorne.
Ich habe recht schnell das Gefühl für die richtige Dosierung im Schwung bekommen, eben weil es fast ein Putt ist. Und bekanntlich putte ich sehr gerne. Auch von etwas weiter außerhalb des Grüns macht mir der PING ChipR Spaß und hilft. Entfernungen jenseits der 30 Meter allerdings sind mir persönlich dann zu lang.
Heidegolfer-Fazit zum PING ChipR
Natürlich tut man sich emotional mit einem Schläger schwerer, der einen Ruf wie der Chipper hat. Golflehrer rümpfen die Nase und die Golf Buddies googeln nach dummen Sprüchen. Aber rein auf das Spielerische bezogen ist der Ping ChipR alles andere als schlecht und macht genau das, was er soll: er erleichtert das Chippen.
Ironischerweise ist es bei einem Putter völlig in Ordnung, wenn er besonders fehlerverzeihend ist. Auch Driver haben inzwischen oft genug verschiedene Einstelloptionen, die zum Beispiel gegen den Slice helfen sollen – auch darüber macht sich niemand lustig. Oder denkt mal an die ersten Hybrids, die bei ihrer Vorstellung auf ordentlich Ablehnung stießen – inzwischen sind sie selbst in Tourbags zu finden.
Warum sollte man keine Hilfe in Anspruch nehmen?
Der PING ChipR kann eine echte Hilfe sein. Schaftlänge, Liewinkel und Loft unterstützen den Spieler spürbar und sorgen dafür, dass es im Kurzspiel leichter fällt, den Ball von außerhalb den Grüns nah an die Fahne zu bekommen. Wieso sollte man sich diese Hilfe nicht gönnen, wenn doch alle anderen Schläger im Amateurbag auch möglichst fehlerverzeihend sind?
Ich spiele die meisten Annäherungen aus kürzerer Distanz zum Grün in aller Regel ohnehin flach – solange kein Hindernis im Weg ist, versteht sich. Dazu nutze ich bisher oft das 8er oder 9er Eisen. Das klappt ganz gut, aber wenn ich hier noch eine Spur mehr Sicherheit bekommen kann, dann gerne. Da ich bislang nur 13 Schläger im Bag habe, nehme ich den PING ChipR deshalb bis auf weiteres mit auf meine nächsten Runden.
Gerade im kurzen Spiel verschenken wir Amateure die meisten Schläge. Wer also noch einen Platz im Bag frei hat und nicht emotional davon abhängt, was andere denken oder sagen, für den kann der ChipR von PING eine echte Unterstützung sein.
Ein Review im Video findet ihr übrigens hier auf meinem Youtube-Kanal.
Übrigens
Dieser Bericht spiegelt meine individuelle, sehr persönliche Meinung wider. Die Firma PING hat mir einen ChipR kostenfrei zum Testen zur Verfügung gestellt. Die Bitte lautete: „Teste mal und sage offen deine Meinung“ – Anforderungen oder Wünsche an ein wie auch immer geartetes Testergebnis gab es nicht.
Den Erfahrungsbericht über den ChipR finde ich sehr ausgewogen und er bestätigt meine bisher leider nur theoretischen Erwartungen.
Daher finde ich es höchst seltsam,dass mit der Vorstellung in GOLF Time 4-2022 begonnen wird aber die Händler bundesweit auf Nachfrage auf November bis Dezember verweisen.
Meines Erachtens kein gutes Marketing, potentielle Interessenten werden verärgert.
Hallo,
vielen Dank erst einmal für das positive Feedback. 🙂
Ich gebe dir absolut recht: Wenn ein neuer Schläger nicht schnell lieferbar ist, wirkt das natürlich sehr unglücklich. Ein Grund wird aber sein, dass Ping selbst due Nachfrage unterschätzt hat. Zumindest hat mir der Deutschland-Vertriebschef erzählt, dass sie nach Veröffentlichung der ersten Review-Videos (primär englische Youtube-Golfer wie zum Beispiel Rick Shiels, mein Kanal ist ja noch ein bisschen kleiner… 😉 ) von Bestellungen geradezu erschlagen worden sind.
Ich bin mir allerdings sicher, dass sehr engagiert nachproduziert wird. Der Schläger ist wirklich fein (für mich).
Viele Grüße
Olaf