Matthias ist im November an die Costa del Sol gereist, um den kalten, rauen Novemberwetter zu entfliehen – zumindest theoretisch, wie sein Reisebericht zeigt. Hier die Fortsetzung vom „Protokoll einer Golfreise Teil 1“ (wer das noch nicht gelesen hat: nachholen!)…
Montag, 12 Uhr, Santa Clara.
Die erste komplette Runde zu viert, Sonne und kurze Schauer im Wechsel. Die Platzauswahl erfolgte aus Rücksicht auf die Mitspieler: am ersten Tag mal nicht zu gebirgig, nicht zu schwer, was Entspanntes zum Reinkommen.
Der Platz ist ein bisschen zu nass und dadurch nicht einfach zu spielen. Aber das ist nicht als Vorwurf zu verstehen und außerdem: ganz so nass wie meine Softshell-Jacke ist er nicht.
Das Layout ist spielerisch ganz nett und optisch richtig gut, die Bäume, Palmen und Sträucher sind sehr schön eingewachsen. Aber wie das halt so ist, wenn man versucht, es allen maximal recht zu machen: man landet auf einer Wiese ohne Ecken und Kanten.
Wirklich hübsch anzuschauen, ab der 7 ein paar schön knifflige Löcher am Stück, aber letztlich fehlt uns allen irgendwie das Prickeln. Ich spiele eine 82, Gewinne alle Tageswertungen, aber finde den Golftag trotzdem am Ende nur so lala. Ein Platz wie Helene Fischer.
Dienstag, 12 Uhr: Calanova.
Bei der Auswahl des zweiten Platzes in Viererbesetzung war ich egoistisch: Ich habe einen Gebirgsplatz ausgesucht. Einziges Zugeständnis an die anderen: Ich wähle einen, der nicht allzu schmal ist, will ja nicht siebzehneinhalb Löcher lang Eure schlechte Laune ertragen müssen.
Aber die Berg- und Talbahn erspare ich Euch nicht, das habt Ihr davon, wenn Ihr komplett die Planung mir überlasst. Es kommt anders, alle sind begeistert. Das Wetter meint es gut, der Platz hat die vielen Regenfälle der letzten Tage locker weggeschlürft und er sieht einfach von vorne bis hinten sensationell aus.
Die Bahnen gut in die Landschaft eingepasst, extrem abwechslungsreich, makellos gepflegt, und meist bietet er neben der Tigerline auch eine relativ sichere Seite an. Alle sind glücklich und ich habe einen Neuzugang in meiner ewigen Top 5.
Im Clubhaus bedient uns ein Lookalike von Angelina Jolie, die Ähnlichkeit ist frappierend. Aber an die Faszination des Platzes kommen beide Damen nicht heran.
Mittwoch, 9 Uhr, Los Arqueros.
Petrus hat mich immer noch nicht genug geärgert, erst gegen Mittag will er mal für ein paar Stunden gnädig sein. Und heute hat er sich im Himmel auch noch prominente Unterstützung bei Matthias-Ärgern gesucht.
Die beiden vorgesehenen Mitspieler ziehen den Wohlfühlbereich mit Indoorpool ihres Hotels vor, mein Hostel hat keinen Indoorpool und Wasser auf der Haut hatte ich Sonntag Vormittag schon genug. Außerdem war Los Arqueros eine der Topempfehlungen im Internet und Bekanntenkreis. „Seve’s Revenge“, heißt es da.
Ich hab ihm zwar nix getan, aber ich war den ganzen Urlaub schon so masochistisch, da bleib ich doch dabei und gucke mal, was Platzdesigner Severano so an Qualen für mich eingeplant hat.
Die Bahnen 6-8 sind laut Selbstbeschreibung die lokale „Amen Corner“, so vorgewarnt spiele ich die beiden schmalsten Bahnen 6 & 7 vorsichtig und komme, nicht zuletzt dank freundlicher Geländeunterstützung, mit zwei Bogeys davon.
Die Böschung rechts an der 6 hatte offenbar Ende November ihren Jahresbedarf an Pro V1 bereits gedeckt und hat meinen Ball wieder ausgespuckt. Auf der 8, dem angeblich schwersten Loch, bekomme ich den Abschlag schick in den Knick, habe nur noch 190 Meter ins Grün und erarbeite mir ein sicheres Birdie.
Derart aufgepuscht und selbstberauscht erlebe ich mein Amen Corner mit Verzögerung. Ausgerechnet die beiden wunderbaren Löcher 12 und 13 spiele ich viel zu übermütig und opfere Herrn Ballesteros drei Bälle. Hat er mich erst eingelullt und dann seine Rache kalt serviert. Well played, Sir!
Wie Alhaurin – ebenfalls von Seve entworfen – ist der Platz knifflig, aber wenn man ihn vernünftig spielt, durchaus machbar. Wenn…
Beim Mittagessen am offenen Kamin im Clubhaus sinniere bei Burger und Bierchen darüber, welche Dame diesen Platz repräsentieren könnte. Emilia Clarke als Mutter der Drachen vielleicht. Faszinierend schön, aber wird anfangs gerne mal unterschätzt, was am Ende für die Herren selten gut ausgeht. Zudem auf einigen Bahnen ganz schön schlank um die Hüften.
Die ziemlich kläglichen Back Nine schiebe ich auf das Wetter. Aber das soll ja angeblich jede Minute besser werden. Ein bisschen skeptisch verlasse ich meinen gemütlichen Platz am Kamin und stürze mich in die nächste Runde.
Mittwoch 15 Uhr – El Higueral
Das Wetter wird tatsächlich besser – kurz vor fünf, wir stehen gerade auf dem neunten und letzten Grün, kommt tatsächlich die Sonne wieder raus. Genau mein Humor.
Der Platz, auf den Webseiten des Albrecht Golfführers als Preis-Leistungs-Sieger gefeiert, ist ganz okay, aber insgesamt kann er im Vergleich mit den anderen gespielten Anlagen nicht mithalten; wenn man die 9-Loch-Greenfee als Maßstab nimmt, nicht mal im Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Tagesgreenfee wäre hier unschlagbar günstig, man könnte den ganzen Tag für 50 Euro spielen.
Aber ich bin mir nicht sicher, ob man diese neun Löcher den ganzen langen Tag lang spielen möchte. Wahrscheinlich eher nicht, wenn man weiß, welche Plätze der unmittelbaren Umgebung man dabei verpassen würde.
Immerhin, der Empfang ist unkompliziert, die kleine Snack Bar freundlich und preiswert. Die Runde geht recht fix, und jede der neun Bahnen hat ihren eigenen Charakter.
Ein Platz wie Leslie Easterbrook. Nie gehört? Nicht allzu viel verpasst…
Donnerstag, 8 Uhr: Chaparral II
Nur 200 Meter vom Hostel zum Auto und ich bin patschnass. Traditionen müssen gepflegt werden: Chaparral-Wetter.
Ich bekomme ein günstiges Upgrade auf ein Cart, weil die beiden Mitspieler – ein entzückendes älteres Pärchen aus Schweden – ebenfalls Cart fahren. Bei dem Wetter nehme ich das gerne. Schade nur, dass die Karren kein Fernlicht haben. So richtig hell wird es zunächst nicht, die ersten vier Bahnen spielen wir in der Morgendämmerung XXL. Vor dem bleigrauen Himmel verlieren wir reihenweise die Bälle aus den Augen.
Auf der 5 finde ich meinen Ball auf dem Grün wieder, halb eingegraben im eigenen Einschlagloch, 5 cm links der Fahne. Das wäre nicht nur ein Eagle gewesen, sondern ein Slam Dunk. Den Birdieputt versenke ich nervenstark. Mitte Loch.
Dass hier eigentlich ein Foto fällig wäre, fällt mir allerdings erst ein, nachdem ich die Pitchmarke schon ausgebessert habe.
Ich nehme mir vor, das mit dem Foto auf einem der folgenden 13 Löcher nachzuholen, muss ich halt noch einmal einen Ball im hohen Bogen Zentimeter neben die Fahne klopfen… Aber auch der letzte schlaue Plan des Urlaubs geht nicht auf.
Mit der allmählich aufkommenden Helligkeit steigt die Laune, und nachdem auf der 13 sogar die Sonne rauskommt und ich zwei der fünf Zwiebellagen abstreifen kann, beende ich den Urlaub (und vielleicht das Golfjahr?) würdig mit sechs gut gespielten Golflöchern.
Ohne Sturzfluten von oben macht der Platz noch mehr Spaß, und ich nehme mir vor, hier bei richtig gutem Wetter noch einmal herzukommen. Was das angeht, bin ich optimistisch. Einheimische wie Zugvögel haben mir in den letzten Tagen permanent und übereinstimmend versichert, dass sie sich an einen derart nassen November nicht erinnern können. Ich bin also gewillt, der „Sonnen“küste und ihren Golfplätzen noch mindestens eine weitere Chance zu geben.
Hierher, nach Chaparral, werde ich beim nächsten Besuch ganz sicher auch wieder kommen. Das gleich mehrfache Entgegenkommen im Sekretariat hat mich nachhaltig beeindruckt, und am Platz gab es nicht das Geringste auszusetzen.
Die meisten Bahnen sind interessant in das hügelige Gelände eingepasst, mit Ausnahme der Löcher 3, 8, 11, 15 und 17: die sind hochinteressant in das hügelige Gelände eingepasst. Speziell die Back Nine waren toll, der perfekte Abschluss des nicht ganz perfekt gelaufenen Urlaubs.
Ein Platz wie Jennifer Lawrence. Einfach, weil ich diesen Text nicht beenden will, ohne auch Miss Lawrence mal erwähnt zu haben…
Im Abspann hier noch Matthias‘ gesammelte Eindrücke von den beschriebenen Plätzen als Galerie: