In Zeiten der Golf Laser und GPS-Uhren mit farbigem Display scheint es seltener gebraucht zu werden, aber eigentlich ist es ein wunderbares Instrument, sich auf einem Golfplatz zu orientieren: das Birdie Book.
Für mich ist es auf der Runde ein nützlicher Begleiter (obwohl ich es inzwischen Laser sei Dank seltener in die Hand nehme), und anschließend ein schönes Souvenir. Quasi der Logoball für Leute, die kein Logoballregal im Wohnzimmer wollen.
Auch eine Frage der Qualität
Vor kurzem hatte ich das „mieseste Birdie Book ever“ in der Hand und wollte schon in der Facebook-Gruppe „Wir lieben Golf“ drauf los ledern. Dann habe ich aber festgestellt, dass Birdie Books irgendwie noch nie und nirgendwo ein Thema waren.
Also habe ich ein paar Beispiele aus meiner Birdie-Book-Sammlung fotografiert: Klassiker, Exoten, geniale, missglückte und nutzlose Exemplare aus den letzten 10 Jahren. Manche habe ich gelobt, andere hingegen süffisant oder spöttisch kommentiert.
Die Birdie Book Galerie
Wie sagte Kaiser Franz einst: „In Germany we call it a Klassiker“. Das wohl bekannteste und am weitesten verbreitete Birdiebook-Design, z.B. im Golfclub Ebersberg (oben) oder in Bad Griesbach (unten: Audi Course) im Dienst. Alles drin was man benötigt, und die Entfernungspunkte werden sehr individuell benannt, z.B. „Waldecke“ oder „Senke“
Noch ein Klassiker: In Eichenried ist die Welt noch in Ordnung, jeder Baum ist gleich groß und rund und steht in Reih und Glied. Das ergibt ein sehr übersichtliches, ausgeräumtes Birdie Book.
Vorbildlich auch das Birdie Book von Achental. Sehr einfach zu lesende Zeichnungen, wichtige Punkte sind sowohl zum Abschlag als auch zum Grünanfang gemessen. Die Grenzen zwischen Fairway, Semi- und Hard Rough sind gut einzuschätzen.
Einzig die seitliche Perspektive ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig.
Was das Birdie Book des GC Chieming mit Birdies zu tun hat, habe ich noch nicht herausgefunden. Vielleicht hat sich irgendwo ein ornithologisch wertvoller Naturtipp versteckt…?
Was das Birdie Book des GC Chieming mit Birdies zu tun hat, habe ich noch nicht herausgefunden. Vielleicht hat sich irgendwo ein ornithologisch wertvoller Naturtipp versteckt…?
Dass dieses Printerzeugnis dabei hilft, Birdies zu spielen, kann ich hingegen ausschließen. Die dunkelgrünen Kleckse im olivgrünen Irgendwas sollen übrigens die Bäume darstellen; das glaube ich zumindest irgendwo auf den Back Nine mit detektivischem Spürsinn ermittelt zu haben. Ohne Gewähr, vielleicht sind es auch einfach dunkelgrüne Kleckse.
Alle anderen Fragen sind unverändert offen: Ist das Fairway wirklich kaum breiter als das Grün? Ich bezweifle es. Wo das Hard Rough beginnt, auf welchen Baum man peilen sollte, ob das Gelände hängt, wie weit ist es bis Ende Dogleg, was kommt hinter dem Hügel? Ach komm, nerv doch nicht mit Detailfragen. Spiel Deinen Ball dahin, wo Du glaubst ihn schlauerweise spielen zu können, und wenn dort statt einer Spielbahn hohes Gras wartet, merke: das ist kein Rough. Das ist eine Wildblumenwiese!
Whow. Da hatte jemand eine 1 in Deutsch. Alle reden von Ready Golf und am Jakobsberg muss man sich an jedem Tee erst mal durch ein Kapitel von „Krieg und Frieden“ kämpfen.
Auch ein kleiner Roman; aber wenigstens sind die Kapitel nach HCP sortiert. Und den Extratipp gab es gratis obendrauf. Da zudem die Grafiken fast schon selbsterklärend sind, dazu groß und übersichtlich, kriegt Reichertshausen von mir mehr Lob als Spott
Ein Birdie Book, das wirklich alles beantwortet, sogar die Position der Sprinklerdeckel, die Breaks im Grün und die an diesem Loch jeweils am ehesten zu erwartenden Regelfragen.
Zwei hervorragende Exemplare ihrer Gattung gab es an der Costa del Sol zu bestaunen. Links Calanova, rechts Los Arqueros. Besonders smart: bei jedem Loch gab es unten ein Foto mit dem idealen Aim Point für den Abschlag, so konnte man auch auf verwinkelten Bahnen am Tee erst mal selbstbewusst losledern.
Auch in Andratx (Mallorca) gibtv es pro Bahn ein Foto. Dieses kann man wunderbar in die Lockerungsgymnastik bei verspannten Schultern integrieren: „und jetzt den Kopf ganz weit nach links neigen!“. Und man kann auf der Heimreise am Flughafen noch reagieren, wenn einem einfällt, dass man Tante Hildegard gar keine Ansichtskarte geschrieben hatte. Schere, Prittstift, fertig!
Ebenfalls Mallorca: im Real Bendinat wurden die Bahnen über Luftbilder gezeichnet. Hatte ich sonst in ca. 100 Birdie Books nirgends, eigentlich eine simple effektive Gestaltungsidee.
An der Algarve hat es sich eingebürgert, dass die Birdie Books jedes Par 4 oder Par 5 zweimal zeigen – einmal die Perspektive vom Abschlag, und einmal die Entfernungen weiter vorne ins Grün. Gerade bei Doglegs ein super Service.
Zweimal Vale do Lobo, links Ocean Course, rechts Royal Course.
Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum der Platz in Olching immer so gut gepflegt ist? Meine Theorie: sie haben das durchgerechnet. Und es kommt sie billiger, sämtliche Maulwürfe einzeln und persönlich einzufangen (und sie später auf einer Wiese nahe Eichenried wieder auszusetzen…), als jedes Mal, wenn sich irgendwo auf ihrer Anlage ein frischer Erdhügel erhebt, die Spielbahn neu zeichnen zu müssen zu müssen.
Ein wunderbares Birdie Book, jede größere Erhebung oder Senke ist eingezeichnet, und eines von ganz wenigen deutschen Exemplare, das ebenfalls mit einer größeren, übersichtlichen Extra-Skizze für die Grün-Umgebung glänzt.
Zurück nach Portugal, hier das selbe Prinzip im Old Course von Vilamoura. Hier scheint so stetig die Sonne, dass selbst im Birdie Book die Bäume schöne kühle Schatten werfen.
„Wer hat’s erfunden…?“
Auch in Rankweil (direkt an der Grnze Österreich/Schweiz) sind es zwei Skizzen pro Bahn, plus kleiner prägnanter Text.
Das Birdie Book von Shell Point / Ft Myers FL ist in zwei Punkten auffällig. Der Designer ist vermutlich passionierter Angler, anders lässt sich nicht erklären, dass er mehr Liebe in das Design der Wasserhindernisse als der Trockenbereiche investiert hat. Und ich kann versichern – Bahn 3 hat definitiv nicht nur einen 30 x 10 Yards großen Fairwaystreifen in der Mitte der Bahn.
Eher spartanisch kommt das Design des Old Course von Bad Waldsee daher. Vom Abschlag aus sind die Angaben noch gut, alles tutti, aber für die Schläge ins Grün sollte man sollte jemanden Ortskundigen dabei haben.
Selbes Problem, andere Wiese: Auch in Maxlrain endet die Welt des Birdiebookzeichners an der nächsten Ecke. Mit diesem Birdie Book fühlt man sich dank der auf den Abschlag ausgerichteten Perspektive am Tee pudelwohl – alles sieht in natura genau so aus wie auf DIN A 6. Gerade auf Bahnen wie der 5, wo sich die wirklich kniffligen Fragen erst nach dem Abschlag stellen, ist allerdings anschließend guter Rat teuer. Richtig teuer. Mit ca. 4 Euro für das Birdie Book kommt man da nicht weit…
Dann vielleicht doch lieber die Vogelperspektive, exakt von oben? Hier in Wörthsee habe ich sogar zwei Versionen des Birdie Books aus der Kiste gezaubert. Kurze Abstimmung: Welche gefällt besser?
Oder doch nicht exakt von oben? Das Büchlein des Riedhof beweist, dass man mit einer clever gewählten perspektive und sinnvollen Entfernungsangaben sowohl die Tee- als auch die Grünperspektive gleichermaßen gut abbilden kann. Vielleicht unter allen Birdie Books das am sinnvollsten gezeichnete.
Übrigens: dass die Angaben zu Bahn, HCP, Par, und die Längen von den jeweiligen Abschlägen kompakt und platzsparend (und trotzdem übersichtlich) auf ca. 10 Quadratzentimeter passen, ist eigentlich selbstverständlich. Spoiler Alert: nur eigentlich. Denn…
… an Bahn 13 trifft der Golfclub Bayreuth genau mein Humor. „Spielen sie ihren blinden Schlag ins Grün möglichst präzise. UN-BE-DINGT. Sie können dieses zwar in der Regel nicht sehen, und um es halbwegs lokalisieren zu können, würde Ihnen eine möglichst große Skizze bestimmt helfen, allerdings ist dafür in diesem Birdie Book kein Platz. Schließlich müssen wir auf jeder Seite in Schriftgrad 60 die Information, die sie ohnehin überall finden, nämlich wie lang die Bahn ist, unterbringen. Dann noch – gaaanz wichtig! – das Bild eines Golfballs, damit sie, lieber Leser, auch wissen, auf welches Objekt sie beim blinden Schlag ins viel zu klein gezeichnete Grün draufhauen müssen. Viel Erfolg!“
Zum Abschluss noch mal ein Musterexemplar. Von einem Club wie St. Leon / Rot ist natürlich auch nichts anderes zu erwarten, erfreulich ist es trotzdem. Zumal es ja eigentlich so einfach ist…
Wie haltet Ihr das? Kauft Ihr die Dinger? Hebt Ihr sie auf, sammelt und sortiert sie evtl. sogar? Guckt Ihr Jahre später noch mal rein, zumindest bei Euren Traumplätzen? Und vor allem: wenn Ihr so ein Teil vor der Nase habt – bekommt Ihr dann eine klare Vorstellung, wie Ihr das Loch spielen wollt?
Oder sind diese Büchlein dank Garmin, Laser und Bebrassie längst überholt? Kann ich meine Sammlung in 20 Jahren dem deutschen Golfmuseum zur Verfügung stellen und unsere Kinder kratzen sich verwundert den Kopf?
Schreibt es gerne in die Kommentare, wie Ihr das Thema seht. Ich bin gespannt – vielleicht machen wir auch einen Wettbewerb draus „wer hat die meisten Birdie Books“.
Der Fairness halber zählen bei mir auch die nur einmal, von denen ich mehrere Exemplare habe. Es soll nämlich schon vorgekommen sein, dass ich erst am Platz merke, dass ich mein vorhandenes Exemplar nicht ins Bag eingepackt habe – und dann kaufe ich halt ein neues (zweites)…
Übrigens: Es ist natürlich gut möglich, dass ein Club inzwischen andere, vielleicht bessere Exemplare in Umlauf hat. Dann ist eine Korrektur (gerne mit „Beweisfoto“) natürlich herzlich willkommen…
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